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Hoffnung für Alzheimer-Patienten

Ein neuer Wirkstoff kann erstmals Proteinablagerungen im Gehirn verringern, die für einen bestimmten Alzheimer-Typ verantwortlich sind. Ein Hoffnungsschimmer, aber mit Einschränkungen, sagen Geriater Prof. Dr. Ralf-Joachim Schulz und Neurologin Dr. Pantea Pape, Cellitinnen-Krankenhaus St. Marien.

Das Medikament wird als Durchbruch in der Alzheimer- und Demenzforschung gesehen – und das ist es auch, sind sich Prof. Dr. Ralf-Joachim Schulz, Leiter des Altersmedizinischen Zentrums Köln und Dr. Pantea Pape, Chefärztin der Klinik für Neurologische und Fachübergreifende Frührehabilitation und Ärztliche Leiterin des Neurologischen Therapiecentrums, einig. „Es ist das erste Medikament, das die Eiweißablagerungen, die sogenannten beta-Amyloid-Plaques, die sich im Gehirn der Erkrankten befinden, nachweislich verringert. Und das ist ein bahnbrechender Ansatz“, erklärt Dr. Pape. „Obwohl dadurch der Ausbruch der Erkrankung nur hinausgezögert, nicht verhindert wird.“ Beide betonen jedoch, dass mit weiterer Forschung künftig sicher noch mehr erreicht werden kann. Da beta-Amyloid-Plaques aber nur eine Ursache der sehr komplexen und vielfältigen Erscheinungsformen von Demenz seien, komme das Medikament nur für eine begrenzte Anzahl von Betroffenen in Frage und nur dann, wenn die Erkrankung früh genug erkannt wird.

Zulassung für Europa ist erfolgt
Der Antikörper Lecanemab ist als Wirkstoff in dem Medikament Leqembi seit Anfang 2023 in den USA zugelassen. Für Europa hat der Hersteller Eisai im Februar 2023 ebenfalls die Zulassung beantragt. Jetzt hat die Europäische Arzneimittelagentur EMA auch für Europa grünes Licht gegeben. „Es geht jetzt zunächst darum, die Betroffenen zu identifizieren, die für die Behandlung in Frage kommen“, sagt Dr. Pantea Pape. Erfolg verspricht das Medikament nur dann, wenn es bereits in einem sehr frühen Stadium der Erkrankung eingesetzt wird. „Das wiederum setzt eine umfangreiche Diagnostik zu einem sehr frühen Zeitpunkt voraus, die nur in speziellen Einrichtungen wie zum Beispiel im Altersmedizinischen Zentrum des St. Marien Krankenhauses erfolgen kann“, ergänzt Prof. Schulz. Er betont, dass von über 60 verschiedenen Demenz-Formen, die in seinem Zentrum behandelt werden, nur eine Variante auf beta-Amyloid-Plaques zurückzuführen seien. „Bei allen anderen sind die Ursachen vielfach internistisch“, so der Geriater. Wobei aber Morbus Alzheimer ca. 50 bis 60 Prozent aller Demenzerkrankungen ausmache.

Nebenwirkungen abwägen und engmaschig begleiten
Kommt das Medikament zur Anwendung, müssen die Patienten unter der Therapie engmaschig begleitet werden, da es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen kann. Diese seien umso geringer, je früher die Therapie einsetzt und sie seien hier seltener aufgetreten als in früheren Studien. Grundsätzlich müsse man immer abwägen und die Gesamtsituation des Patienten einschätzen, um zu entscheiden, ob der zu erwartende Nutzen die möglichen Nebenwirkungen übersteigt. „Die für die Zulassung erforderlichen Studien haben die Nebenwirkungen aufgezeigt, auf die wir bei der Behandlung gezielt unser Augenmerk richten werden. Sollte es zu Komplikationen kommen, bieten wir hier das gesamte Setup, um sofort reagieren zu können“, führt Prof. Schulz aus. Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen Hirnschwellungen oder Mikroblutungen im Gehirn.

Gebündelte Kompetenz durch interdisziplinäreren Ansatz
Die beiden Demenz-Experten bündeln ihre Kompetenzen in einem gemeinsamen Angebot, das die für den Einsatz notwendige frühe Diagnostik ermöglicht. Hier fließen die geriatrisch-internistische und die neurologisch-neuropsychologische Expertise des Hauses zusammen. „Dadurch haben wir die Möglichkeit, auch andere frühe Anzeichen zu identifizieren, die zur Entwicklung einer Demenz führen können (MCI). Je früher man durch entsprechende therapeutische Maßnahmen gegensteuert, desto größer ist die Chance, eine Demenz zu verhindern oder zu verzögern“, erklärt Dr. Pape. Durch das umfassende interdisziplinäre Angebot des Hauses können im St. Marien auch alle diejenigen behandelt werden, für die das neue Medikament möglicherweise nicht in Frage kommt. Dabei stehen auch Kurse zum Umgang mit der Diagnose, Selbstmanagement und Ernährung mit auf dem Behandlungsplan. Zusätzlich werden je nach Bedarf der Lipidstoffwechsel, der Blutdruck und Diabetes eingestellt.

Vorbeugen ist besser – was jeder präventiv tun kann
Grundsätzlich kann jeder Einzelne viel dazu beitragen, einer Demenz im Alter vorzubeugen. In verschiedenen Studien, an denen Prof. Schulz maßgeblich mitgewirkt hat, konnten die Effekte von Bewegung und einer ausgewogenen Ernährung nachgewiesen werden*1. Ebenso bedeutend sind soziale Kontakte und ein gut strukturierter Tagesablauf. „Was häufig unterschätzt wird“, betont der Geriater, „ist die konsequente Anwendung von verordneten Hilfsmitteln wie Brillen oder Hörgeräten. Häufig wird aus Eitelkeit darauf verzichtet, mit der Konsequenz, sich an Unterhaltungen nur noch eingeschränkt beteiligen zu können.“
Für Patienten, bei denen die Erkrankung bereits weiter fortgeschritten ist und die eine akutmedizinische Behandlung benötigen, steht im St. Marien zudem die mit dem Gesundheitspreis des Landes NRW ausgezeichnete „Station für kognitive Geriatrie“ zur Verfügung. Sie verfügt über ein speziell für diese Patientengruppe ausgelegtes innovatives Licht-, Farb- und Raumkonzept. Durch die Farbgebung wird den Patienten die räumliche Orientierung erleichtert und das Licht wird der Tageszeit angepasst, um auch die zeitliche Orientierung zu verbessern. Denn ein Krankenhausaufenthalt ist für demenziell erkrankte Patienten eine herausfordernde Ausnahmesituation, auf die hier in besonderem Maße eingegangen wird.


*1 Vgl. u. a.
„Influence of a 12-Month Structured Exercise Program on the Micronutrient-Cognitive Fitness-Physical Association Profiles in Mild Cognitive Impairment.“
Weigert H, Stuckenschneider T, Pickert L, Rossi A, Meyer AM, Nelles G, Schulz RJ, Stahl W, Schneider S, Polidori MC; NeuroExercise Study Group. J Alzheimers Dis Rep. 2022 Nov 22;6(1):711-722. doi: 10.3233/ADR-220039. eCollection 2022.

 

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